Ein Auszug aus dem Buch "Schatz, ich muss dir was sagen... " von Susanne Hühn und ihrem Partner Mike Köhler:
*Hier ein Brief vom durch uns erfühlten, aber natürlich nicht umfassenden Kollektiv der Männer. Schau, ob er dir aus der Seele spricht oder nicht. Wenn ja, dann sei willkommen in deinem Schmerz. wenn nicht, dann hoffen wir sehr, dich an einer anderen Stelle zu berühren und abzuholen.
An Frauen
Ich will dich lieben, ehren und bei dir sein, bis der Tod uns scheidet, und am liebsten würde ich erst gar nicht geboren werden, mich der Welt nicht stellen, sondern in deinem Leib bleiben. Gleichzeitig habe ich eine unbändige Lust am Leben, will die Welt erobern, Kämpfe bestehen und meine Kraft erproben.
Doch du stösst mich schmerzhaft aus dir heraus, ich werde geboren, und damit fängt mein Drama an. Ich muss funktionieren, ich muss sein, wie du mich willst - ich bin zu wild, zu sanft, zu emotional, zu wenig emotional. Ich trage die zur Unkenntlichkeit verzerrten Projektionen der Welt mit mir herum und versuche verzweifelt, allem gerecht zu werden. Und ich habe diesen Drachen bei mir, eine Kraft, von der ich nicht weiss, wie ich sie beherrschen, wie ich sie meistern soll. Meine Kraft verletzt Frauen, zuallererst meine Mutter, das weiss ich. Ich habe zwei Möglichkeiten. Entweder ich unterdrücke meine Energie, passe mich an und gehe den Weg, den mir der tief eingetretene Trampelpfad vorgibt, den die ihrer Kraft beraubten Männer vor mir gegangen sind, oder ich verweigere mich vollständig. Dann lebe ich am Rand der Gesellschaft, bin nicht sichtbar, unterdrücke meine Energie oder erlaube ihr, ungehindert zu zerstören.
Ihr jammert über das, was dieser Drache euch antut? Wir Männer tragen ihn täglich, stündlich, in jeder Sekunde mit uns herum und folgen seinen Spielchen und Begierden. Wir sind zerrissen zwischen unserem Wunsch einerseits nach einer Heimat, nach einem Hafen, nach der Frau, die uns liebt und uns sein lässt, wie wir sich, und andererseits dem ewig lockenden Weib, das erobert werden will. Klingt das wie ein Klischee? Es ist ein Klischee, und es langweilt und ermüdet uns, lässt uns tief in der Seele auch verzweifeln. Wir ist es wohl, zu wissen, dass wir ein Monster in uns tragen, das uns zwar sehr viel Kraft, Durchhaltevermögen und Feuer gibt, aber einen immensen Preis verlangt? Der Drache im Märchen, der die Jungfrau fordert, der grausam über das Land herrscht - wie meistern wir diese Kraft? Den Drachen zu töten, ist sicher auch nicht der Weg. Wollen wir diese Kraft wirklich in unserem Leben haben?
Wo oft leiden wir unter unserer unerfüllten sexuellen Energie. Wir leben mit einer Frau zusammen, wollen aber eine andere - und haben wir sie, beginnt das Spiel von vorn. Wir kommen nie an, sind ewig auf der Suche uns wissen doch gar nicht, was wir überhaupt suchen. einigen von uns ist dieses Spiel so zuwider, dass sie förmlich darum gebeten haben, von dieser Kraft befreit zu werden - und da stehen sie nun, wunderbare, gestandene Männer, ihrer sexuellen Kraft beraubt, weil sie sich nicht mehr antreiben lassen wollen.
Wir töten den Drachen, bevor er uns tötet, oder wir lassen uns von ihm mitzerren, von Frau zu Frau, von Begierde zu Begierde. Vielleicht könnten wir ihn reiten, ihm meistern, ihn als guten Freund an unserer Seite haben - aber selbst wenn das so ist, liebste Frauen, können wir nicht dafür garantieren, dass er euch so zur Verfügung steht, wie ihr das wünscht. Wir wissen nicht, was dieser Drache braucht und was seine wahre Natur ist, wir wissen nicht, wie er sich wandelt, wenn wir ihm einen guten Platz in unserem Herzen geben. Wir brauchen eure Bereitschaft, uns den Raum zu öffnen, das Risiko einzugehen, ihn neu einzuladen. Er darf sich verändern, er hat genug Tod und Zerstörung gebracht. Der wilde Schrei, den er ausstösst, wenn er seine Beute erlegt hat, lässt unser Herz wie eures in tausend Stücke zerspringen. wir verabscheuen uns selbst für das, was dieser Drache anrichtet. Schaut über die Schlachtfelder, schaut auf die Kinder und Frauen, die unsere Opfer sind, schaut auf uns, die wir uns gegenseitig töten. Glaubt ihr wirklich, dieser Drache ist eine Quelle der Freude?
Wir können ihn nur gemeinsam erlösen - aber, noch einmal: wir wissen nicht, was dann geschieht. Wir können nicht versprechen, an eurer Seite zu bleiben, wie ihr euch das so sehr wünscht, vielleicht wird es ganz anders, und vielleicht gefällt es euch nicht. Was uns fehlt, ist die Mitte. Nicht der oft als golden bezeichnete und doch meist langweilige graue Mittelweg, sondern etwas Neues, eine echte Anbindung an unsere eigene Mitte. Wir Männer sind so weit von unserer Mitte entfernt (was immer diese Mitte ist), dass sich gar keine Voraussage treffen lässt, auf welche Weise sich die Energien zeigen werden, wenn wir erst angebunden sind.
Doch hier ist nun die gute Nachricht: Wir haben diesen inneren Gefährten, diesen treuen Begleiter, der uns in der Tiefe unseres Seins versteht. Wie wir ihn nennen, ist nicht so wichtig, denn für jeden ist er anders. Er ist unser innerer wilder Mann, die Kraft, die den Druiden innewohnt, den Schamanen, den Hütern aller indigenen Kulturen - in gereifter Form, denn wir müssen mit weitaus mehr Anforderungen umgehen als die alten Kulturen.
Wie fühlt sich diese neue Kraft an, und woher soll sie kommen? Wir Männer sind kollektiv vor eine schwierige Aufgabe gestellt worden, und wir brauchen eine weibliche Eigenschaft, um uns zu transformieren: Hingabe. Wir wissen nicht, wie die neue und erlöste männliche Kraft sich anfühlt, aber wir spüren, dass wir sie brauchen und dass sie kommt. Das, was Frauen seit Jahrtausenden üben, Hingabe an die Prozesse des Lebens, wird nun unser wichtigstes Werkzeug.
Frauen dagegen lernen, zur Tat zu schreiten und ihre wundervollen Fähigkeiten in Handlungen umzusetzen, sich damit zu zeigen und männliche Energie zu nutzen, Tatkraft und Schöpferenergie.
Der männliche und der weibliche Pol kommen in jedem Einzelnen nun in das jeweils richtige Gleichgewicht (die Verteilung muss nicht exakt bei fünfzig Prozent weiblicher und fünfzig Prozent männlicher Energie liegen, denn jeder trägt ein individuelles Gleichgewicht dieser Pole in sich!)
Männer brauchen weibliche Yin-Kräfte (Hingabe und Offenheit), damit die erlöste männliche Energie den Weg zur Erde findet, während die Frauen männliche Yang-Energien (Entschlusskraft, Verantwortlichkeit und Mut, die Dinge zu TUN) brauchen, um ihre weiblichen Fähigkeiten offen sichtbar werden zu lassen und in die Welt zu bringen.
Männer werden dadurch nicht weiblicher und Frauen nicht männlicher, wie wir es lange Zeit befürchtet haben. Im Gegenteil. Wir bekommen einfach neue Werkzeuge, um unsere jeweilige Energie sichtbar und auf der Erde wirksam werden zu lassen.*
Bild via www.55plus-magazin.net
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